Trickreich und von vielen Landungen gekennzeichnet. Die relativ kurze Strecke vom Oberalp an den Niesen verlangte der dichten Spitze alles ab. Lars brillierte und zeigte sich als Erster im Haslital! Bravo! Schon ist die Freude Geschichte. Es wird französisch gesprochen, ab heute abend, da wo die Piloten jetzt schon sind.
Zusammenfassung 4. Renntag:
Pünktlich nach der 7-stündigen Ruhezeit startet Lars um 5.50 Uhr morgens in Sedrun. Er zieht vorerst alleine los, während wir das Camp abräumen und die Busse beladen. Bald holen wir ihn entlang der Oberalppassstrasse ein, es gibt eine kurze Verpflegungspause und den restlichen Weg auf die Passhöhe legt Lisa mit ihm zurück. Dort nochmals kurzer Boxenstopp mit Schuhwechsel und Tape für den Rücken, der vom langen Rucksack tragen inzwischen eine offene Stelle aufweist. Yannick übernimmt die Begleitung bis auf den Pazolastock mit einem Ultralight in seinem Rucksack. Auch die anderen führenden Athleten entscheiden sich für diese Variante. Lars macht einen Abgleiter ins Urserental und kann oberhalb von Realp reinladen. Menk und Chlous sind davor bereits nach Tiefenbach gefahren, von wo aus Menk mit seinem Gleitschirm bereits hochgelaufen ist. Auch hier verfolgen alle Athleten den gleichen Plan. Der Thermikstart lässt wie prognostiziert auf sich warten, weshalb auch die Piloten am Startplatz oben noch Geduld haben müssen. Chrigel Maurer wandert als Einziger der Strasse entlang weiter, um oberhalb vom Furkapass zu starten.
Lisa und ich warten im anderen Bus unterdessen auf Yannick, der in Realp mit dem Ultralight landet. Wir entscheiden, bereits vorauszufahren, um die Wetterlage am Grimselpass zu beobachten. Lars und zwei, drei weitere Athleten wagen es derweil in die Luft, werden für ihren Mut jedoch nicht belohnt und müssen an der Furkapassstrasse wieder reinlanden und dort nochmals hochlaufen. Chrigel Maurer ist ebenfalls bereits gestartet und kommt besser weg. Nun scheint es auch am hinteren Startplatz besser hochzugehen und Lars wird von diversen Piloten überflogen.
Wir an der Grimsel studieren nochmals ausgiebig die Thermikprognosen und besprechen die Optionen. Eine Idee, die wir bereits bei der Routenbesprechung hatten, möchten wir nach Absprache mit Lars nun umsetzen. Und zwar packt Yannick das Bergsteigermaterial und seinen grossen Schirm, um sich in der Lauteraarhütte zu positionieren. So hätte Lars die Möglichkeit, zu Fuss über den Lauteraarsattel zu gehen, falls es an der Südseite des Grimselsees nicht hoch genug gehen würde, um die Strecke nach Grindelwald fliegen zurückzulegen. Als wir jedoch in Richtung Oberaar fahren wollen, bemerken wir, dass die Strasse gesperrt ist. Kein Problem, denken wir, denn wir haben ja beste Kontakte zur KWO. Wir rufen also beim FLOB-Mitglied Simone Baragiola an und fragen, ob er uns da weiterhelfen kann. Leider nein, denn es sind Sprengungen angesagt. Er könne mit uns aber mit der Oberaarbahn vom Hospiz aus fahren, die aktuell für die Öffentlichkeit noch nicht geöffnet hat. Wir befinden dann aber, dass wir wohl schneller sind, wenn wir einfach vom Grimselpass in Richtung Sidelhorn laufen und Yannick von dort aus zur Lauteraarhütte gleitet. Gesagt, getan - Lisa und Yannick nehmen diesen Weg auf sich, beladen mit viel Material, welches Yannick schliesslich auf die andere Talseite fliegt. Ich bleibe währenddessen beim Bus an der Grimsel und beobachte gespannt das Geschehen in der Luft: Ich sehe Chrigel Maurer oberhalb des Nägelisgrätli. Er quert das Aaretal fliegt und an die Südseite des Juchlistocks und sucht lange nach Thermik entlang des Grimselsees. Aufdrehen scheint dort aktuell noch nicht möglich. Lars ist aber erst gerade wieder gestartet und muss jetzt zuerst über dem Furkapass an Höhe gewinnen. Nun sehe ich die anderen Athleten über den Gärstenhörnern, welche zu meinem Erstaunen alle zum Grimselsee hinübergleiten. Ein riskanter Plan, wie ich finde, weil wenn es dort thermisch nicht geht, alle tief aus dem Aaretal gleiten müssen, da wohl ausser uns niemand den Bergführer-Trumpf für über den Lauteraarsattel hat... Es ist also hochspannend! Livetracking, live Beobachtungen mit dem Feldstecher und live Zusammenfassungen der Situation hier und im Goms für Lars via Telefon. Ich bin als Supporterin gerade voll gefordert, das macht Spass! Yannick meldet sich per Whatsapp, dass er bei der Lauteraarhütte landen konnte und zur Hubelücke aufsteigt. Von dort hat die Möglichkeit, entweder zum Lauteraargletscher zu gleiten, um Lars über die Lücke zu führen oder, falls es fliegerisch gelingt, nach Innertkirchen abgleiten, wo wir ihn wieder einladen können. Lisa kommt zurück vom Sidelhorn und unterstützt mich Supporten vom Boden aus. Wir sehen, dass die Athleten, nun wieder alle beisammen, auch Lars, oberhalb des Grimselsees aufdrehen und via Hubellücke ins Ur- und schliesslich ins Reichenbachtal fliegen können. Lars meldet sich überglücklich via Whatsapp, dass auch der Schlauch nach der Querung des Reichenbachtals funktioniert. Wir sind ebenfalls froh und gleichzeitig vielleicht ganz wenig enttäuscht, dass es doch so hoch gegangen ist, da wir ansonsten mit unserem Move über den Lauteraarsattel einen entscheidenden Vorsprung hätten rausholen können. Janu, Hauptsache für Lars läufts gut!
Der Bus von Menk und Chlous ist bereits an uns vorbeigebrettert, die beiden gehen zuhause kurz duschen und fahren dann gleich weiter zur Talstation in Mülenen. Lisa und ich fahren nach Innertkirchen und dürfen bei Yannick zuhause ebenfalls duschen. Er selbst landet direkt hinter seinem Haus. Nun fahren auch wir in Richtung Niesen. Da es für uns jedoch nicht mehr rechtzeitig hinauf reicht, bleibt wir unten und geniessen stattdessen den Blick auf den Niesen vom Balkon bei Lisa zuhause in Spiez. Es reicht auch noch für einen Waschgang und ein Mittagessen.
Lars erwischt im Lauterbrunnental nicht die optimale Linie und muss sich in Geduld üben. So sind einige Athleten vor ihm auf dem Niesen und fliegen gleich weiter der Kette entlang in Richtung Süden. Als wir sehen, dass diese gut voran kommen, fahren wir via Simmental über den Col du Pillon nach Martigny und können das Geschehen von unten aus gut beobachten. Chlous und Menk sind ebenfalls wieder im Tal und nehmen den Weg ins Wallis via Lötschbergtunnel. In Martigny bläst wie so oft ein sehr starker Talwind, der die Piloten nutzen, um am Prallhang nochmals aufzusoaren und sich möglichst weit ins Val Ferret schieben zu lassen. Als wir vom Boden aus sehen, wie es Lars abenteuerlich nochmals hochbeamt, fahren beide Busse taleinwärts, um ihn nach der Landung empfangen zu können. Die letzten Kilometer Fussmarsch bis zum Campingplatz in La Fouly nehmen wir abwechselnd miteinander in Angriff. Es ist 22.20 Uhr, als Lars mit Yannick im Camp eintrifft. Dann das übliche Programm, zum Znacht gibt Pasta Pesto mit Rindsburger von meinem Bruder, die wir unterwegs extra noch abgeholt haben. Wir sind stolz, immer noch in der Spitzengruppe dabei zu sein, die fast alle auf dem gleichen Camping übernachten!
Ist ziemlich lang geworden! Aber ich wollte gerne unsere Gedanken und unsere nach aussen unsichtbaren "Bewegungen" aufzeigen.
Viele Dank und ä liebe Gruess vum ganze Team Haslital!
Fabienne
Mittwoch, 18. Juni, 1930 Uhr, Tag 4 von Roli
Wie üblich: Schaut euch den Nachtrag von Fabienne zum Renntag gestern an - eben zugeschaltet!
Täusche ich mich, oder hat Lars unter der Dossenhütte ein paar unnötige Kreise gedreht, einfach, weil er sich so freute? Tatsächlich machte Lars heute seiner Heimat das grösste Geschenk an diesem vierten Tag – er flog souverän als Erster ins Rosenlauital, in Sichtweite seines Hauses in der Reuti! Bravo!
Also leicht war das nicht, aber gar nicht. Die Flüge zwischen den Landepunkten Disentis und Niesen waren heute eine überaus trickreiche Aufgabe. Wieder musste man ewig warten, bis man es wagen konnte, zu starten. Die üblichen Verdächtigen gleiteten erst mal vom Oberalppass an die Furka. Dann ein kurzer Aufstieg an die Hänge vor dem Pass. Nur Chrigel hielt es für nötig, einige Kilometer weiter westlich und höher am Hang zu starten. Es brachte ihm nur Strafsoaren am Ufer des Oberaarsees ein. Nein, nicht nur. Wenn man nichts wagt, an der Spitze, dann wird man auch nie ein solches Rennen gewinnen. Aber die zahlreiche Spitzengruppe formierte sich erst spät nach Mittag nördlich des Grimselpasses zum entscheindenen Vorstoss in die Haslitäler. Es war einfach sackstabil und im Hasli die Basis trostlos tief. Ich bin ja den ganzen Tag mit der Gondel rauf in die Reuti gefahren und wieder runter, und hab es gesehen. Was die Jungs aus diesem Tag rauszauberten, das war wieder nervenzerreissend.
Chrigel wagte es als erstes, ins Urbachtal vorzustossen. Er bezahlte den Preis und landete unter der Dossenhütte. Lars kalkulierte richtig, oder war einfach so ein paar Schirme hinter Chrigel und überflog als erstes das Hindernis Engelhörner. Da jubelte das Herz aller Piloten und Freunde. Und auch Noldi, der gar nichts mit Fliegen zu tun hat, der heute mit mir Dienst auf der Gondelbahn hatte, verfolgte das Geschehen am Geschäfts-Computer, der fast darniederlag ob den Datenmengen der roten Stiere.
Also, wieder ein unglaublicher Lars-Tag, ein unglaublicher Team Hasli Tag!
Die Freude ging rasch an uns vorbei. Lars muss ja täglich hundert Kilometer fliegen und laufen, sonst wird er auf der Strecke bleiben! Zwölf Tage dauert das Rennen und ist Luftlinie über 1200 Kilometer lang. Lars führte die Jungs in seinen Hausbärten bis über das Lauterbrunnental. Dort ist immer die Frage – bei so tiefer Basis – ins Lee oder ins Luv? Die Lobhornhütte ist eine zähe Thermikspenderin. Lars geht ins Lee und muss drei Felder zurück. Die Nachfolgenden lernen und überholen gut. Es braucht Nerven, Lars Linie zuzuschauen, zurück an den Männlichen, dann gar zurück an das Lauchernhorn am Brienzersee! Wird sich das ausgehen mit der Landung am Niesen? Der Niesengrat ist nachmittags auch ein spärlicher Thermikspender. Aber es reicht. Lars kann mit etwas Verspätung die haarsträubende Landung auf dieser Pyramide zeigen. Patrick gibt derweil schon ein Interview, das wir in Radio Beo hören. Die Landung am Niesen ist für alle Schweizer wichtig. Alle sind Berner Oberländer und Patrick und Chrigel aus dem Tal dahinter. Chrigel kann doch noch ehrenvoll unter den Ersten einlanden, Nicola muss seinen Rückstand von gestern auch an den Niesen mitziehen. Aber auch er ist da, alle Oberländer noch dabei.
Selbst die Renngruppe von gestern ist fast dieselbe, heute am Niesen, aber schon ein wenig in die Länge gezogen. Der Brasilianer hat dem Deutschen Schugg in den ersten Zehn Platz machen müssen. Und Damien, einer der Favoriten, hat heute auch etliche Zwischenlandungen und zähe Aufholmanöver machen müssen. Er verliert einige zehn Kilometer an Boden. Also immer noch vier Franzosen, drei Schweizer, die Tiroler und der Neuling Schugg aus Deutschland ganz vorne. So ziehen sie auch zum Genfersee. Stand der Dinge um diese Zeit: Chrigel und Lars versuchen einen Move, um über das Wallis überzusetzen, Richtung Mont Blanc. Sie können es sich leisten. Sie sind in Sichtweite aller Piloten, ausser dem Ausreisser Aron, der schon nach Verbier unterwegs ist, und dem sehr starken Franzosen Tim, der auch schon über das Wallis geflogen ist.
Bei aller Mitfliegerei hier an den Bildschirmen: Nun sind die X-Alper schon vier sehr anstrengende Tage lang unterwegs, liegen nur Stunden in der Nacht. Ich habe keine Ahnung, wie sich das anfühlt, solche körperliche und mentale Strapatzen – zumal an der Spitze mit dem Messer zwischen den Zähnen Kilometer erkämpft werden. Eines ist sicher: Irgendwie geniessen sie es. Diese aussergewöhnlich schönen Sommertage, diese nun wieder fliegbaren Winde, die kühlen Abende im Kreise ihrer Freunde, unweit der Kameraden. Nun geht es endlich auf vernünftige Strecken! Mont Blanc ist der letzte Klettersteig, wenn ich mich nicht irre. Dann rasch tiefer hinein nach Frankreich und dann auf frei wählbaren Wegen nach Ascona. Mir gefällt das. Nicola: Nicht nachlassen, du bist noch dran! Lars: Was soll ich sagen? Am besten nichts. Einfach: Weiter so!